Potsdam verfügt schon seit 2013 über einen Entwicklungsplan. Auch der kommunale Entwicklungsträger, die Bauholding Pro Potsdam, sitzt bereits in den Startlöchern. Dennoch kann die Stadt das Streitobjekt von der Eigentümerin, dem Land Brandenburg, noch nicht zurückkaufen, da das Gerichtsurteil noch aussteht. In der Zwischenzeit nagt der Zahn der Zeit weiter an den ohnehin schon stark sanierungsbedürftigen Bauten auf dem ansonsten attraktiven Krampnitzer Gelände. Geschichte der Kasernenstadt Krampnitz
Das Krampnitz Areal nähe Potsdam
Im Jahr 2007 wurde der westliche Teil des Geländes an eine dänische Investoren-Gruppe verkauft, die von der TG Potsdam vertreten wird. Das unzureichend durchschaubare Geflecht aus vier Holding-Gesellschaften hatte vor, die erworbenen Grundstücksflächen lediglich mit hohem Gewinn weiterzuverkaufen und die geplanten Gebäude-Sanierungen für den späteren Bezug durch Mieter nicht zu realisieren – was 2008 zur Klage des Landes Brandenburg gegen die TG Potsdam führte. Das Land erklärte den mit der TG Potsdam geschlossenen Vertrag für ungültig und klagte auf Herausgabe der Grundstücke. Obwohl in der Zwischenzeit einige Grundstücke an das Land zurückgegeben wurden, befinden sich immer noch Flächen im Besitz der TG.
Da die sanierungsbedürftigen Bauten in Krampnitz immer weiter verfielen, ohne dass die TG laut Einschätzung der Stadt Potsdam bauliche Sicherungsmaßnahmen durchführte, kam es zur Sicherungsverfügung seitens der Stadt Potsdam. Sie bezieht sich auf drei Gebäude, die sogar Einsturz gefährdet sind. Die Stadt drohte der TG Potsdam mit einem Zwangsgeld, sollte sie die Frist von 90 Tagen ungenutzt verstreichen lassen. Die Beklagte wiederum argumentierte, dass sie die betreffenden Gebäude bereits ausreichend gesichert habe und die Sicherungsverfügung überflüssig sei.
Zankapfel des Rechtsstreits sind das ehemalige Fähnrichsheim, das einst Unteroffizieren als Treffpunkt diente, das Offizierskasino und das Krampnitzer Torhaus: Das Dach des Fähnrichsheims sei undicht und Einsturz gefährdet. Durch Türen und Fenster dringe Feuchtigkeit ein und sorge für Schimmel-Befall. Das Mauerwerk werde von die Bausubstanz schädigenden Pflanzen überwuchert. Die Beklagte argumentierte weiterhin, dass sie selbst ohnehin nicht Eigentümerin der genannten Grundstücke sei. Eigentümerin sei die Stadt Potsdam. Sie selbst habe nur einen Anspruch auf Übertragung der strittigen Flächen erworben (Grundbuch Vormerkung), nicht jedoch die Grundstücke. Außerdem wäre sie bereit, die von der Stadt vorgeschriebene Entwicklungsplanung umzusetzen und habe auch schon einen Investor gefunden, der auf die Sanierung Denkmal geschützter Gebäude spezialisiert sei.
Die TG Potsdam unterlag in erster Instanz vor dem Potsdamer Verwaltungsgericht. Inzwischen wird die Angelegenheit vor dem Oberlandesgericht Berlin Brandenburg verhandelt. Da die Stadt Potsdam seit 2013 über einen Entwicklungsplan verfügt und die Sanierung und Bebauung selbst durchführen möchte, hat sie große Chancen, im Falle eines Urteils des OLG zugunsten des Landes Brandenburg die strittigen Objekte zurückzuerhalten. Die Potsdamer Stadtverwaltung plant nämlich, das Krampnitzer Kasernen-Gelände vom Land Brandenburg zu kaufen und mit eigenen kommunalen Mitteln und der finanziellen Hilfe privater Investoren zu sanieren und zum Wohngebiet zu machen. Das Urteil des OLG Berlin Brandenburg wird für November 2015 erwartet. Zuständig für die Entwicklung von Krampnitz zum Wohngebiet ist die Pro Potsdam unter Leitung ihres Projektkoordinators Hubert Lakenbrink.
Beschreibung des Krampnitzer Kasernengeländes
Die ehemalige sowjetische Militärkaserne Krampnitz befindet sich am nördlichen Stadtrand Potsdams an der Potsdamer Chaussee 1/1a (Bundesstraße 2). Das 125 Hektar große Gelände grenzt an den Truppenübungsplatz Döberitzer Heide und besteht aus mehr als 80 Gebäuden, die unter Denkmalschutz stehen. Die meisten von ihnen wurden einst als Wohnhäuser genutzt. Außerdem findet man dort noch Nutzbauten wie Speicherhäuser, Stallungen, Garagen, technische Einrichtungen, einen Tennisplatz, ein Theater und diverse andere Gebäude. Am Nordeingang zum Militärgelände befindet sich ein hoher Turm, der schon von weitem sichtbar ist. Die gesamte Straßenfront an der B2 wird von einer mit Sandstein verkleideten Mauer mit Eisenzaun umgeben, die heute ebenfalls schon fast zerstört ist. Im Süden des Areals lagen die Wohnhäuser für die verheirateten Offiziere (Doppelhäuser). Die nicht verheirateten Offiziere und Fähnriche wohnten auf dem Kellerberg, wo sich auch das ehemalige Offizierskasino befindet.
Da der Rechtsstreit noch nicht beendet ist, wird aktuell auch nichts unternommen, um den weiteren Verfall der Gebäude aufzuhalten. Die Stadt Potsdam geht davon aus, dass sie – falls sie die strittigen Objekte nicht bald zurückerhält – die meisten Gebäude nur noch abreißen oder mit extrem hohem Sanierungsaufwand wiederherstellen kann: Alle 80 denkmalgeschützten Häuser sind in einem beklagenswerten Zustand. Einige der Doppelhäuser müssten ohnehin schon abgerissen werden. Vandalismus treibe außerdem die späteren Sanierungskosten noch zusätzlich in die Höhe. Der Entwicklungsträger Pro Potsdam rechnet aktuell mit anfänglichen Kosten von etwa 70 Mio. Euro, die die Stadt tragen müsste und weiteren Kosten, die zu Lasten privater Bauträger gingen.
Was die Stadt Potsdam in Krampnitz plant
Ursache für das neu erwachte Interesse an dem lange Zeit ungenutzten Militär-Gelände ist das rasche Bevölkerungswachstum Potsdams. Laut Stadtverwaltung befindet sich der Schwerpunkt der Siedlungsentwicklung im Norden der Landeshauptstadt. Krampnitz wäre eine ideale Verlängerung des Bornstedter Feldes. Außerdem spart die Stadt mit der zivilen Nach-Nutzung des Areals eine Menge Geld und Wohnflächen innerhalb der Stadt.
Durch die Sanierung der denkmalgeschützten Bauten sollen insgesamt etwa 1.600 Wohnungen für fast 4.000 Menschen entstehen. Außerdem sind noch Neubauten geplant. Geschäftsviertel, drei Kitas, eine Schule und weitere Nah-Versorgungseinrichtungen sollen hinzukommen. Das ehemalige Kasernen-Gelände soll an das Öffentliche Nahverkehrsnetz (Tram, Bus) angeschlossen werden. Die Entscheidung über die geplante neue Tram-Strecke nach Krampnitz wird noch 2015 erwartet. Die neue Linie soll die Wohnsiedlung in etwa 17 Minuten mit dem Potsdamer Hauptbahnhof verbinden. Unklar ist bislang jedoch noch, wie man die Trasse über die Insel Neu Fahrland führt und wie hoch die zusätzlichen Kosten dafür wären.
Inzwischen wurde bereits eine Rahmenvereinbarung zwischen der Stadt Potsdam, dem kommunalen Entwicklungsträger Pro Potsdam und den Potsdamer Stadtwerken geschlossen. Pro Potsdam möchte aus Krampnitz einen grünen Stadtteil machen, in dem sich die Menschen vom anstrengenden Großstadtleben erholen und ihre Freizeit in einer naturnahen Umgebung genießen können. Geplant ist, das neue Wohngebiet insbesondere für Familien attraktiv zu machen. Die sanierten Grundstücke sollen nach dem Willen der Entwicklungsgesellschaft um etwa 40 Prozent günstiger sein als die im Bornstedter Feld – was das Wohnen bezahlbarer macht. Preiswerteren Wohnraum kann es in Krampnitz jedoch nur dann geben, wenn das Land Brandenburg ein neues öffentliches Wohnungsbau Förderprogramm auflegt.
30 Hektar der gesamten Fläche sollen als Grün, Wald und landwirtschaftliche Nutzfläche erhalten bleiben. Die Stadtwerke, die für die Energieversorgung von Krampnitz zuständig sind, rechnen dabei mit einer Entwicklungszeit von etwa 10 Jahren. Potsdam plant, für sein ehrgeiziges Sanierungsprojekt eine möglichst hohe Summe EU Fördergelder zu erhalten.
Um den Krampnitz-See werden wahrscheinlich eine kleine Promenade und ein Weg für Fußgänger führen. Außerdem plant man dort Wassersport Möglichkeiten. Wo die Bundesstraße 2 in Zukunft in Krampnitz verläuft, ist noch nicht geklärt. Fest steht aktuell nur, dass sie durch den südlichen Teil des Geländes führen wird. In der Nähe des Eingangsturms soll sich dann eine Tram und Bus Station mit Park-and-Ride Parkplatz befinden, die das neue Wohngebiet mit der Landeshauptstadt verbindet.
Zuerst will Pro Potsdam die denkmalgeschützten Zwei-Etagen-Bauten an der Ketziner Straße sanieren und vermarkten. In ihnen sollen jeweils vier Familien wohnen. Eingangsturm, Offizierskasino, Stabsgebäude, Heizhaus, Fähnrichsheim und die Gebäude mit dem T-förmigen Grundriss sollen ebenfalls erhalten bleiben. Die Plattenbauten, die einst von der Sowjet-Armee erbaut wurden, werden abgerissen und durch Anger-Dörfer mit eigenem begrünten Umfeld ersetzt.
Details des Entwicklungsplans von 2013
Die Stadt Potsdam plant, das ehemalige Kasernen-Gelände Krampnitz in vier Teilgebieten zu erschließen. Aus den Klinker-Höfen (dreigeschossige Mannschaftsbauten) sollen Wohnhäuser mit insgesamt 900 Wohneinheiten werden, die von großen Grünflächen umgeben sind und ein attraktives naturnahes Wohnumfeld bieten. Die 50 denkmalgeschützten Gebäude des Berg-Viertels, das einst Unteroffizieren und Handwerkern als Wohnsiedlung diente, werden von Grund auf saniert und umgebaut und um 30 neu errichtete Doppel-Häuser ergänzt, sodass das Gelände über etwa 190 Wohnungen verfügt. Sie befinden sich in Einzelhäusern, Doppel und Reihenhäusern. Der ungefähr 74 Hektar große ehemalige Techniker-Bereich wird zu Anger-Dörfern umgebaut. Nach dem Abriss der alten Gebäude entstehen dort 22 kleine ländliche Wohnsiedlungen mit eigenen Grünflächen. Für jedes Dorf stehen 9.000 m² Baufläche zur Verfügung. Die Anger-Dörfer erhalten 460 Wohnungen.
Im Bereich Schöne Aussicht – er wurde so genannt, weil man von dort aus einen herrlichen Blick auf den Fahrländer See hat – im Süden des Kasernen-Geländes sollen in der letzten Bauphase 90 exklusive Ein-Familien und Doppelhäuser errichtet werden, die danach verkauft werden. Für das Bauprojekt liegen bereits Baugenehmigungen seitens der Stadt Potsdam und des Landes Brandenburg vor. Allerdings gibt es mittlerweile auch eine Klage der sechs Eigentümer des Baulandes gegen den Entwicklungsplan der Stadt Potsdam. Sie würden nämlich durch die Enteignung ihre wirtschaftliche Existenz verlieren. Das Urteil dazu wird frühestens in einem Jahr erwartet.